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Medizinische Informationen Sibyllenbad

Patienteninformation von Prof. Dr. Dr. Wolfgang A. Grunewald und Prof. Dr. Henning. von Philipsborn, Universität Regensburg

I. Vorbemerkung

Bad Neualbenreuth/Sibyllenbad im Oberpfälzer Wald, HeilquellenKurbetrieb, besitzt zwei ortsgebundene Heilwässer. 1964 wurde die Radon(Rn)-haltige Katharinenquelle erschlossen, 1990 die Kohlensäure(CO2)-haltige Sibyllenquelle, auch „Mineralsäuerling“ genannt, neu gefasst. Beide Heilquellen fördern Tiefenwässer, das sind Quellwässer von besonders hoher Reinheit. Die Bohrtiefe beträgt über 100 Meter. Der therapeutische Einsatz radonhaltiger Quellwässer (Rn-Balne-otherapie) ist erst seit etwa 1900 bekannt. Der Umgang mit dem kohlensäurehaltigen Mineralwasser hingegen hat bereits eine lange Tradition. Schon im Jahr 1698 fasste das Kloster Waldsassen in der Nähe von Neualbenreuth („Säuerlingshammer“) einen Mineralsäuerling. Aus historischen Niederschriften ist bekannt, das sich diese Trinkquelle großer Beliebtheit erfreute und noch bis in die erste Hälfte des letzten Jahrhunderts bei der hiesigen Bevölkerung einen hohen Stellenwert hatte. In dieser Zeit erkannte man auch, dass das CO2-haltige Mineralwasser in Form von Wannenbädern angewandt werden kann und in der CO2-Balneotherapie eine ganz eigene Wirkung erzielt. Im Sibyllenbad wird Rn-Balneotherapie wie auch CO2-Balne-otherapie mit diesen beiden ortsgebundenen Heilwässern seit 1989 betrieben, zunächst in kleinem Umfang im Badehaus Maiersreuth, seit 1996 mit erhöhter Wannenkapazität im Kurmittelhaus. Bisher wurden über 200.000 Bäder mit diesen ortsgebundenen Heilwässern abgegeben, der überwiegende Anteil (über ¾) als Radon-Bäder.

II. Radon-Balneotherapie

a) Radonbad
Radon ist ein hochflüchtiges Edelgas, das im Quellwasser gelöst ist und als schwach radioaktives Element mit einer Halbwertszeit von 3,8 Tagen zerfällt. Diese Eigenschaften erfordern eine spezielle Technik, um genügend Radon von der Quelle zum Ort der Behandlung in der Radonwanne zu erhalten. In den Wannen des Sibyllenbades herrscht eine Radonkonzentration zwischen 1.600 und 2.000 Becquerel pro Liter (Bq/L). Dies ist etwa das Dreifache des Gehaltes von 666 Bq/L, der als Mindestgehalt vorgeschrieben ist, um als radonhaltige Heilquelle anerkannt zu werden. Es reicht
also nicht, den Radon-Quellgehalt herauszustellen, entscheidend ist der Radongehalt in der Wanne und dieser ist in den Radonbädern des Sibyllenbades optimal. Im Radonbad nimmt der Patient Radon über die Haut und über die Lunge auf und gibt es nach der Verteilung im Körper über die Lunge wieder ab. Während dieses so genannten Radontransfers zerfällt ein kleiner Teil des Radons in seine Folgeprodukte. Auf der Haut und im Körper des Patienten löst dieser Zerfallsprozess die dem Radon eigene biopositive Wirkung aus. Die Unbedenklichkeit dieses Prozesses für den Patienten wird in einem gesonderten Abschnitt behandelt. Die Radon-Balneotherapie im Sibyllenbad umfasst eine Serie von 10 bis 12 Einzelbädern von 20 Minuten Dauer bei 36° C Wassertemperatur. Eine geringere Anzahl Wannenbäder mindert deren Effizienz. Eine Anzahl unter drei bis vier Bädern ist, wegen möglicher Zwischenreaktionen, nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Die Wanne ist bis auf eine Öffnung am Kopfende abgedeckt. Das aus dem Wannenwasser austretende Radon wird so zur Einatmung in den Mund-Nase-Bereich der Patienten gelenkt (Best’sche Wanne). Nach jedem Radonbad ist eine Ruhezeit von 20 Minuten einzuhalten.

b) Wirkungsmechanismus und Wirkung
Das während des Radontransfers im Körper und auf der Haut zerfallende Radon gibt Alpha-Strahlen ab, die auf der Zellebene Prozesse auslösen, welche dem einzelnen Organ und schließlich dem gesamten Organismus zugute kommen. So wird bei diesem low dosis Zerfallsprozess das Durchdringen weißer Blutkörperchen durch die Wand feinster Blutgefäße herabgesetzt, was die Schwellung im Bereich eines Entzündungsprozesses vermindert, wie sie beispielsweise bei Gelenkentzündungen auftritt. Vermindert wird auch die Freisetzung so genannter Sauerstoffradikale. Diese Sauerstoffradikale bewirken eine Destruktion beispielsweise des Knorpelgewebes. Nachgewiesen wurde die Freisetzung des von betroffenen Zellen gebildeten Zytokins TGF-ß, das entzündungshemmend wirkt sowie die Hemmung der Freisetzung des entzündungsfördernden Zytokins TNF-Alpha, das für die Schmerzentstehung entzündlicher Wirbelsäulenprozesse und für die knochenabbauende Wirkung bestimmter Zellen (Osteoklasten)
verantwortlich gemacht wird. Beim kontrollierten Zelltod (Apoptose oder auch „Zellmauserung“) bewirkt der Radonzerfall eine von der Zelle ausgehende Immunmodulation, die zur Stabilisierung des körpereigenen Immunsystems für die Abwehr bestimmter Krankheitsprozesse und zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des körpereigenen Reparaturmechanismus bei Schädigung des zelleigenen Erbgutes (DNA-Brüche) durch äußere Einwirkungen führt. Schließlich sei im Rahmen der entzündungshemmenden Wirkung des Radonzerfalls in niedriger Dosis das Stickstoffmonoxidsystem (NO-System) erwähnt. Die Stimmulation des Enzyms iNOS (induzierbare Stickstoffmonoxid-Synthase) kann die zell-
schädigende Wirkung des NO-Moleküls mindern. Bei diesen zellulären Prozessen ist der so genannte „Bystander Effekt“ von herausragender Bedeutung. Dieser besagt, dass die Wirkung an der vom Radonzerfall betroffenen Einzelzelle sich auf die nicht betroffenen Zellen der Umgebung ausbreiten kann, was eine „Globalisierung“ des Radonwirkungsmechanismus bedeutet. Neben diesen entzündungshemmenden Wirkungsmechanismen auf Zellebene wird die Stimulation von körpereigenem Cortisol an corticoidsynthetisierenden Membranen beschrieben, was diesen Wirkungsmechanismus des Radon noch unterstützt. Die hohe Fettlöslichkeit des Radon hat zur Folge, dass sich in lipidhaltigen Organstrukturen, das sind beispielsweise die hormonbildenden Drüsen unseres Organismus, Radon anreichert. So kann z.B. der Knochenstoffwechsel direkt über die Nebenschilddrüse beeinflusst werden, wie auch die vermindert sezernierenden Sexualorgane der Frau im Klimakterium, wodurch dem verstärkten Knochenabbau bei der Osteoporose der Frau entgegengewirkt werden kann. Durch Anreicherung von Radon in den fettreichen Markscheiden schmerzsensibler Nerven vermutet man eine direkte Wirkung des Radon auf die Schmerzintensität. Schließlich sei die direkte Wirkung des Radonzerfalls an der Haut erwähnt, wo es durch Radon zur vermehrten Bildung von feinsten Gefäßen kommt und dadurch wiederum zur Förderung der Wundheilung. Diese biopositive Wirkung beobachtet man sowohl bei schlecht heilenden Wunden (z. B. Ulcera bei chronischer Veneninsuffizienz) wie auch bei den Hautveränderungen der Patienten mit Schuppenflechte (Psoriasis). Bei ihrer entzündungshemmenden und schmerzlindernden Wirkung hat die Radontherapie den großen Vorteil, ohne Nebenwirkungen zu sein. So kann durch sie die Einnahme von Rheumamitteln, die bedrohliche bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen wie Magenblutung etc. haben können, eingeschränkt, sogar zeitweise
auf sie verzichtet werden.

c) Indikation und Kontraindikation
Mit dem Ausdruck „Rheumamittel“ am Ende des letzten Abschnittes ist das Stichwort für die Hauptindikation der Radonbalneotherapie gefallen, das „Rheuma“, im Fachausdruck die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Im einzelnen sind dies die chronisch entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule, allen voran die Spondylitis ancylosans (Bechterew´sche Erkrankung), die chronisch entzündlichen Erkrankungen der Gelenke, die Rheumatoid Arthritis (chronische Polyarthritis oder „Gelenkrheuma“) und die entzündliche Weichteilerkrankung, die Polymyalgia rheumatica. Neben den chronisch entzündlichen sind die chronisch degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule und Gelenke, d. h. die durch Abnutzung und Verschleiß verursachten rheumatischen Erkrankungen, die Arthrosen (Hüftgelenks-, Kniegelenks-, Fingergelenks-, Wirbelkörpergelenksarthrosen etc.) eine Indikation der Radonbalneotherapie. Hinzu kommen die nicht entzündliche Schädigung der Wirbelsäule (z. B. Bandscheibenschaden, Osteochondrose und Skoliose) und der Weichteilrheumatismus – die Fibromyalgie. Alle diese Erkrankungen sind mehr oder weniger geprägt von Entzündung, Gewebsschwellung, Zerstörung von Knochen- und Knorpelgewebe sowie Schmerz unterschiedlicher Intensität, Qualität und Dauer.
Ferner sind die durch erhöhte Harnsäure im Blut bedingte chronische Arthritis urica („Gicht“) sowie die bei Schuppenflechte auftretende Psoriasisarthritis zu erwähnen. Bei letzterer Erkrankung wirkt das Radon auch abmildernd auf die Hautveränderungen. Chronische entzündliche Veränderungen der Atemwege wie z.B. die chronische Bronchitis, sowie die durch Spastik und Zerstörung der Nervengewebe geprägte Multiple Sklerose (MS) sind ebenfalls Indikationen dieses Bereiches. Schließlich sei das durch Hormonmangel bedingte Klimakterium der Frau und die damit in Zusammenhang stehende Osteoporose und der von unterschiedlicher Qualität und Intensität gekennzeichnete Phantomschmerz nach Gliedmaßenamputation, die Neuralgie nach Borreliose (Neuroborreliose) und Gürtelrose (Zosterneuralgie), die Trigeminusneuralgie und die Polyneu-
ropathie bei Zuckerkrankheit (diabetische Polyneuropathie) als Indikation der Radonbalneotherapie erwähnt. Auch bei diesen Erkrankungen ist durch Radon Linderung zu erwarten.

Gegenanzeigen (Kontraindikationen) der Radonbalneotherapie sind:

  • akut entzündliche Prozesse
  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
  • Schwangerschaft
  • Kindesalter
  • konsumierende Erkrankungen bei bösartigen Tumoren

Nach Chemotherapie und Bestrahlung eines Tumorleidens werden im ersten Jahr nach der Behandlung keine Radonbäder abgegeben und zwar aus psychologischen Gründen. In dieser Zeit ist der betroffene Patient verunsichert und nahezu jeglicher Behandlung gegenüber voreingenommen. In manchen Ländern wird aber gerade in dieser Zeit die Radonbalneotherapie eingesetzt, um das geschwächte Immunsystem zu stärken. Nach einem Jahr Pause werden auch im Sibyllenbad die Radonbäder für diese Patienten wieder angewandt.

d) Unbedenklichkeit: Strahlung – unbedenklich und doch wirksam

Radon (-gas) und seine kurzlebigen, festen Folgeprodukte (auch Töchter genannt) können auf den menschlichen Körper auf vier Pfaden einwirken:
1. nach Trinken von radonhaltigem Wasser über den Magen
2. nach Einatmen von radonhaltiger Luft über die Lunge
3. nach Baden in radonhaltigem Wasser über die Haut und Transfer von Radongas durch den Körper zur Ausatemluft
4. nach Baden in radonhaltigem Wasser über die Alphastrahlung der auf der Haut deponierten Folgeprodukte

Bei der Sibyllenbader Radonbalneotherapie scheiden Pfad 1 und 2 aus. Es wird kein Wannenwasser getrunken. In der Atemluft ist wegen der hohen Luftwechselrate im Wannenraum die Aktivitätskonzentration der lungenwirksamen Folgeprodukte sehr niedrig und daher völlig unbedenklich, auch für das Personal, wie durch regelmäßige Messungen überprüft wird. Der Transfer von Radongas aus dem Wannenwasser über die Haut in den Blutkreislauf und in die Ausatemluft ist von uns mit speziellen Messmethoden untersucht und gemessen worden. Dies gilt auch für die durch ihre Alphastrahlung auf die unter der Hornhaut liegenden Hautzellen wirksamen Rn-Folgeprodukte. Für beide Beiträge zusammen beträgt die effektive Strahlendosis für eine Kur von 10 Radonwannenbädern im Sibyllenbad etwa 1 bis 2 mSv. Alle unsere Messungen sind auf mehreren wissenschaftlichen Fachtagungen vorgetragen und in angesehenen Fachzeitschriften publiziert worden und von der Fachwelt als zuverlässig anerkannt. Die Strahlendosen einer Sibyllenbader Radonbalneotherapie sind vergleichbar mit der mittleren jährlichen effektiven Dosis der Be-
völkerung in Deutschland von 2,4 mSv mit einem Schwankungsbereich von 1 bis 10 mSv und somit völlig unbedenklich. Bei diesen kleinen Strahlendosen, die der Patient bei der Sibyllenbader Radonwannenkur erhält, fragt man sich natürlich, ob es für die Schmerzlinderung, die von zahlreichen Patienten bezeugt wird, auch eine wissenschaftliche Erklärung gibt? – Ja, es gibt sie (s. Radon als Heilmittel, Therapeutische Wirksamkeit, biologischer Wirkungsmechanismus und vergleichende Risikobewertung, Deetjen, P., A. Falkenbacher, D. Harder, H. Jöckel, A. Kaul, H. v. Philipsborn, Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2005, ISSN 1435-6309).

III. Kohlensäurebalneotherapie

a) Kohlensäurebad
Kohlensäure (CO2) ist im Heilwasser der Sibyllenquelle und zweiweiteren „Säuerlings“-Quellen, die dem Sibyllenbad zur Verfügung stehen, mit einem Gehalt zwischen 800 und 1.500 mg/L gelöst. Diese drei Quellen übersteigen den vom deutschen Bäderverband vorgeschriebenen Mindestgehalt von 500 mg/L bis zum Dreifachen. In der Kohlensäurewanne wird CO2 in Form von Gasbläschen freigesetzt, die sich auf der Haut des Patienten
festsetzen.

b) Wirkungsmechanismus und Wirkung
Über die Haut dringt Kohlensäure in den Körper ein. Die CO2-Bläschenhülle auf der Haut bewirkt beim Patienten ein verändertes Kälteempfinden, so dass das CO2-haltige Wannenwasserum 2° C wärmer empfunden wird als CO2-freies Wasser, etwa Leitungswasser. Die über die Haut in den Körper eindringende Kohlensäure bewirkt an der Haut eine Rötung als Zeichen einer gesteigerten Durchblutung derselben, bezeichnet als Hyperämie. Über diese Wirkung an der Haut hinaus hat die Kohlensäure systemische Wirkung im Organismus:

  • Abnahme der Blutviskosität, d. h. Verbesserung der Fließfähigkeit des Blutes;
  • Abnahme des Widerstandes in bestimmten Blutgefäßen, z. B. der Gefäße des Kopfes, des Herzens wie der Blutgefäße in den
    Beinen, was zur Verbesserung der Durchblutung in diesen Organen führt;
  • Abnahme der Schlagfrequenz des Herzens (Pulsschlag);
  • Abnahme des systolischen wie diastolischen Blutdruckes durch den sinkenden Strömungswiderstand in den Blutgefäßen. Daraus resultiert ein vergrößertes Herz-Zeit-Volumen. Das Herz-Kreislauf-System wird sozusagen auf einen Schongang eingestellt. Die Herzarbeit wird ökonomisiert;
  • Erleichterung der Freisetzung des ans Blut gebundenen Sauerstoffs in den feinsten Gefäßen der Organe (Boreffekt) und somit eine Verbesserung deren Sauerstoffversorgung (Oxyge-nierung);
  • schließlich wirkt die Kohlensäure schmerzlindernd und antiseptisch, d. h. desinfizierend.

Durch wiederholte Anwendung von CO2-Bädern lässt sich die durchblutungsfördernde und entlastende Wirkung der Kohlensäure auf das Herz-Kreislauf-System und die Organe eine Zeit lang stabilisieren. Bei Störungen des unwillkürlichen (vegetativen) Nervensystems kommt es durch die Kohlensäure zur Tonusverschiebung und somit zur Harmonisierung und psychischen Stabilisierung.

c) Indikation und Kontraindikation
Aufgrund der Wirkung von CO2 auf die Haut werden CO2-Bäder bei Durchblutungsstörung eingesetzt bei:

  • Raynoldsyndrom
  • Sklerodermie
  • Sudeck`scher Erkrankung, bei der der Knochen (nach schlecht verheilter Fraktur) mit beteiligt ist.

Aufgrund der systemischen Wirkung der Kohlensäure sind es die Indikationen:

  • Grenzwerthypertonie,
  • Zustand nach Schlaganfall,
  • Zustand nach Herzinfarkt, Koronargefäßerweiterung (PTCA) mit oder ohne Stent sowie nach Bypassoperation (ACVB),
  • Herzrhythmusstörungen mit und ohne Schrittmacher,
  • periphere arterielle Durchblutungsstörung der Beine mit Hautbeteiligung und verminderter schmerzfreier Gehstrecke („Schaufensterkrankheit“),
  • neurocirculatorische Störungen, z. B. bei Zuckerkrankheit (diabetische Polyneuropathie).

Infolge der Alterung der Blutgefäße oder als Folge beispielsweise der Zuckerkrankheit oder des Bluthochdrucks kommt der durchblutungssteigernden Wirkung der CO2-Bäder bei Maßnahmen der Altersprävention, der Geroprophylaxe, eine große Bedeutung zu. Auf diese Förderung der Lebensqualität bei der bekannten Steigerung der Lebenserwartung wird bei den Kombinationsbädern näher eingegangen. Schließlich seien im Rahmen der Wirkung von CO2-Bädern auf das vegetative Nervensystem als Indikation:

  • vegetative Dysregulation,
  • psychovegetative Erschöpfungszustände
  • sowie wegen der zusätzlichen Kompressionswirkung des Wassers auf venöse Blutgefäße die n chronische Veneninsuffizienz mit oder ohne Stauungsödemen erwähnt.

Kontraindikationen sind für CO2 -Bäder die, die für alle Bäder gleich welcher Inhaltsstoffe gelten:

  • schwere Herzleistungsschwäche beispielsweise bei schwerem Herzklappenfehler,
  • akute Beinvenenthrombose.

d) Allgemeine Hinweise
Die aus dem Wannenwasser austretende Kohlensäure sammelt sich als Schicht auf der Wasseroberfläche an. Beim Bad sollte der Patient Mund und Nase nicht unmittelbar an der Wasseroberfläche halten, da er sonst vermehrt CO2 einatmet, was wiederum zu Kreislaufstörung durch Überforderung des körpereigenen Kompensationsmechanismus führen kann. Wie bei allen Bädern sollte man auch beim CO2-Bad vor Badbeginn die Blase entleeren, da es nach dem Eintauchen zum vermehrten Harndrang (Badediurese) kommt.

e) Kohlensäurebad mit Sauerstoff – Sauerstofftherapie

Die Sauerstoff (O2)-Therapie ist durch den Dresdner Professor Manfred von Ardenne insbesondere in den osteuropäischen Ländern bekannt geworden. Er ließ bei unterschiedlicher körperlicher und geistiger Betätigung die Patienten Sauerstoff inhalieren und erzeugte dadurch eine verbesserte Sauerstoffversorgung in bestimmten Organen. Im Kohlensäure (CO2)-Bad mit Sauerstoff (O2) wird der Gedanke der O2-Therapie aufgegriffen und deren Effizienz durch die im vorangehenden Abschnitt beschriebenen durchblutungsfördernden Wirkung der Kohlensäure verstärkt. Der Patient befindet sich im Kohlensäurebad bei 34 – 36° C für 20 Minuten und atmet über eine Nasenbrille bzw. Atemmaske medizinischen Sauerstoff ein. Die Kohlensäure steigert wie beschrieben über die Haut die Durchblutung und in der Lunge wird das vermehrt zirkulierende Blut mit Sauerstoff angereichert. Der Sauerstoff wird dann in den Zielorganen z. B. Gehirn, Herzmuskel oder Beinmuskulatur vermehrt abgegeben. Ein bestehender Sauerstoffmangel kann so beseitigt und die Leistung der betreffenden Organe gesteigert werden. Hierbei wirkt der beschriebene Boreffekt sowie die Erweiterung feinster Blutgefäße durch Sauerstoffeinwirkung (Eröffnung präkapillärer Sphinkter) wirkungsverstärkend.

Hauptindikationen der Sauerstofftherapie im CO2-Bad zusammengefasst:

  • Sauerstoffmangelzustände des Gehirns mit Merkschwäche, Konzentrationsmangel, Vergesslichkeit etc.
  • Sauerstoffmangelzustände des Herzens mit cardialer Leistungsminderung und passagerem Engegefühl im Brustbereich
  • periphere Durchblutungsstörung der Beine mit schmerzhaft eingeschränkter Gehstrecke und intermittierendem Hinken
    („Schaufensterkrankeit“) sowie mit Hautveränderungen
  • Durchblutungsstörung der Haut, des Binde- und Knochengewebes bei Raynoldsyndrom, Sklerodermie und Sudeck`scher Erkrankung
  • Erschöpfungszustände nach psychischer und physischer Überforderung, nach Krankheit mit verzögerter Rekonvaleszenz sowie Leistungsknick und Leistungsdefizit beim Burn-out-Syndrom.

Die Kohlensäure/Sauerstoffkombination wird auch Teil der später zu beschreibenden Alterspräventionsmaßnahmen im großen Regenerationsbad sein.

IV. Radon-Kohlensäure-Kombinationstherapie

a) Vorbemerkung
Die Radon-Kohlensäure-Kombinationstherapie verstärkt die Vorzüge des Radonbades durch ein gleichzeitiges Kohlensäurebad. Die spezielle Technik wurde im Kurmittelhaus Sibyllenbad erprobt und danach routinemäßig angewandt. Diese Balneotherapie mit dem ortsgebundenen Radonwasser und Kohlensäuremineralwasser ist ein Alleinstellungsmerkmal des Sibyllenbades. Die Kombination beider Heilquellen bringt eine Verbesserung
insbesondere in der Verträglichkeit der Radon-Balneotherapie. Das Kurmittelhaus besitzt große Erfahrung im Umgang mit dieser Kombinationstherapie. Ergänzt man die Kombinationstherapie noch durch Sauerstoff-therapie, indem man die Patienten im Rn-CO2-Kombinations-
bad zusätzlich medizinischen Sauerstoff einatmen lässt, wie im Abschnitt Kohlensäurebad mit O2-Inhalation beschrieben, erhält man das große Regenerationsbad, ebenfalls ein Alleinstellungsmerkmal des Sibyllenbades. Dieses Kombinationsbad mit Radon, Kohlensäure und Sauerstoff zielt auf die Sicherung der Lebensqualität im Alter ab. Darauf wird später eingegangen.

b) Radon-Kohlensäure-Bad

Im Rn-CO2-Kombinationsbad beginnen die Patienten in einem Bad mit reinem Wasser der Kohlensäuremineralheilquelle von 36°C, dessen Wirkung sich zunächst voll entfalten kann (siehe Punkt III). Im Rückenbereich der Patienten läuft reines Radonwasser gleicher Temperatur zu. Am Überlauf läuft gleichzeitig Mischwasser ab. Am Ende eines solchen Kombinationsbades erreicht das Mischwasser einen Radongehalt von ca. 2 /3 des Radonwassers. Hat das Wasser der ortsgebundenen Heilquelle im Zulauf ca. 2.100 Bq/L, weist das Kombinationsbad eine Aktivitätskonzentration
von 1.400 bis 1.600 Bq/L auf. Wegen der CO2-bedingten Mehr-durchblutung (Hyperämie), insbesondere zu Beginn, wird im Rn-CO2-Kombinationsbad trotz niedrigen Radongehaltes der Transfer von Rn etwa verdoppelt, d. h. es geht doppelt so viel Radon über die Haut in den Körper, wird dort besser verteilt und nach gleicher Verweildauer über die Lunge wieder abgegeben. Entsprechend höher ist auch der im Körper zerfallende Radonanteil, der die Radonwirkung verursacht. Der Radonverlust des Kombinationsbades über die Wasseroberfläche wird dadurch gering gehalten, da das Radonwasser ohne Turbulenzen unter der Wasseroberfläche in die Wanne zugeführt wird. Zur Durchführung eines Rn-CO2
-Kombinationsbades bedarf es drei Wannenfüllungen, eine mit reinem CO2-Mineralwasser zu Beginn und zwei mit reinem Rn-Wasser zulaufend während der Badedauer von 20 Minuten. Etwa dreimal so hoch ist der Energieaufwand verglichen mit dem für ein reines Rn- bzw. CO2-Bad.
Trotz erhöhtem Energiebedarf ist das Kombinationsbad einmal wegen seiner besseren Verträglichkeit erforderlich, zum anderen scheint die Wirksamkeit bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, bei:

  • chronischer Polyarthritis (Rheumatiodarthritis)
  • Spondylitis ancylosans (Bechterew´sche Krankheit)
  • Polymyalgia rheumatica (Weichteilrheumatismus)

Desweiteren wird die Kombinationsbalneotherapie bei:

  • Polyneuropathie (z. B. bei Zuckerkrankheit)
  • Neuroborreliose
  • Zosterneuralgie
  • Trigeminusneuralgie
  • Phantomschmerz nach Amputation

eingesetzt, da hier der Durchblutungssteigerung in den nerveneigenen Gefäßen neben der Radonwirkung eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Bei Osteoporose und multipler Sklerose wird die Durchblutungssteigerung im Knochengewebe bzw. Muskelgewebe und bei der Fibromyalgie
die vegetative Tonusverschiebung neben der Radonwirkung als wirkungsverstärkend angesehen.
Die nichtentzündlichen Rheumaerkrankungen, wie n Spondylolisthesis (Wirbelgleiten), Bandscheibenschäden mit und ohne Operation, Skoliose der Wirbelsäule, Arthrosen (Hüft-, Knie-, Finger-, Sprung-, Schultergelenks-arthrosen etc.)werden bevorzugt nur dann im Kombinationsbad behandelt,
wenn gleichzeitig eine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems besteht, also bei zusätzlich bestehender Hypertonie, Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße nach Herzinfarkt, Bypassoperation und Gefäßerweiterung mit Stent,  Herzrhythmusstörung mit und ohne Herzschrittmacher,  Durchblutungsstörung der Beine (periphere arterielle Verschlusskrankheit mit eingeschränkter Gehstrecke), leichter bis mittlerer Herzleistungsschwäche und nach Herztransplantation.

c) Radon-Kohlensäure-Sauerstoff-Bad – das große Regenerationsbad
Im großen Regenerationsbad atmen die Patienten während eines Rn-CO 2 -Kombinationsbades von ca. 1.500 Bq/L, 36° C und 20 Minuten Dauer über eine Nasenbrille bzw. Atemmaske medizinischen Sauerstoff ein. Dadurch wird neben der beschriebenen Wirkung von Radon und Kohlensäure die O2-Versorgung (Oxygenierung) der Organe verbessert. Bedenkt man, dass mit zunehmendem Alter die körpereigenen Reparaturmechanismen an Leistung verlieren, das Immunsystem geschwächt ist und die Abwehrkräfte nachlassen, die Beweglichkeit von Knochen und Gelenken nachlässt, Morgensteifigkeit und Anlaufschmerz bestehen, der Abbau von Muskeln und Knochen einsetzt, Fallneigung und Gefährdung durch Knochenbrüche wächst, n die Durchblutung der Herzkranzgefäße und der Beine vermindert ist und teils Schmerzen verursacht, n der Blutdruck steigt und damit die Gefährdung eines Schlaganfalls wächst, n die Lungen nicht mehr hinreichend Sauerstoff einatmen und dadurch das Blut an Sauerstoff, dem „Brennstoff“ unserer Organe, verarmt, n die Merkfähigkeit, die Konzentration und das Erinnerungsvermögen infolge Sauerstoffmangels des Gehirns nachlassen und n die Haut an Spannung, Festigkeit und Glätte verliert, hat das Zusammenwirken von Radon, Kohlensäure und Sauerstoff im großen Regenerationsbad eine elementare Bedeutung für die Erhaltung und Sicherung der Lebensqualität im Alter, der Altersprävention oder auch Geroprophylaxe genannt.

Bedenkt man weiter, dass die Lebenserwartung in Deutschland um die 80 Jahre liegt, bei der Frau etwas höher als beim Mann und die Zahl älter werdender Menschen steigt, sind Maßnahmen der Altersprävention zur Wahrung der Selbständigkeit, sozialer Unabhängigkeit und Bewahrung vor Pflegebedürftigkeit von größer werdender sozialer wie auch volkswirtschaftlicher Bedeutung.

V. Bewegungstherapie im Wasser

Einen großen Stellenwert hat die Bewegungstherapie im Wasser in den verschiedenen Ausführungsformen im Kurmittelhaus Sibyllenbad. Es gibt prinzipiell zwei Einwirkungsmöglichkeiten des Wassers bei der Bewegungstherapie:

Einmal lässt man passiv das bewegte Wasser von den Schwalldüsen (Schwanenhälsen) oder von den unter der Wasseroberfläche befindlichen Druckstrahlmassagedüsen gegen den weitgehend ruhenden Körper strömen und erzeugt auf diese Weise in der Nähe der betroffenen Gelenke eine Massagewirkung. Oder aber man bewegt aktiv das betreffende Gelenk gegen den Widerstand des Wassers und übt auf diese Weise ein Bewegungstraining aus. Diese Bewegungstherapie kann in Eigeninitiative (Bewegungsbad in kontrollierter Selbstbehandlung), aber auch als Einzelbehandlung oder in Gruppen unter Anleitung eines Therapeuten (Bewegungsbad einzeln bzw. Bewegungsbad Gruppe) ablaufen. Die Bewegungsbecken enthalten Wasser aus der KohlensäureMineralquelle, dessen Wirkungsweise im Kapitel CO2-Balneo-therapie beschrieben ist, nur in abgeschwächter Intensität. Enthält ein Wannenbad 100 % Kohlensäure-Mineralwasser, so ist der Anteil desselben im Bewegungsbecken bzw. Therapiebecken des Innenbereichs des Kurmittelhauses 50 – 70 %, im Außenbereich 90 – 100 %. Insbesondere die Stimulation der Hautfunkti-
on durch CO2 und deren gesteigerte Durchblutung empfindet der Benutzer des Bewegungsbades als besonders wohltuend. Die Anwendungstemperatur des Bewegungsbeckens wie des Therapiebeckens im Innenbereich liegt ähnlich wie bei einer Therme zwischen 34° C und
36° C. In diesem Temperaturbereich, dem so genannten Thermoindifferenzintervall ergibt sich eine nur geringe Anforderung an die körpereigene Thermoregulation. Im Verlauf des Bades erwärmen sich allmählich die Körpergewebe. Dabei nimmt die Elastizität des Bindegewebes vor allem in Gelenknähe zu, die Durchblutung in allen Gewebsanteilen steigt, die Muskulatur entspannt sich. Nunmehr lassen sich in ihrer Beweglichkeit
eingeschränkte Gelenke leichter mobilisieren und Bewegungsdefizite durch wiederholtes Training vermindern. Dies betrifft nicht nur funktionelle Bewegungseinschränkungen (Folgen von Fehlhaltung oder Fehlbelastung beispielsweise am Arbeitsplatz oder beim Autofahren), sondern auch die Beeinträchtigung nach Lähmungen, nach operativen Eingriffen, nach stumpfen Unfallverletzungen mit Gelenkbeteiligung, bei Gelenkersatz sowie bei
Muskelschwäche. Das Bewegungsbad einzeln ist hier besonders effektiv. Der Therapeut ist gemeinsam mit den Patienten im Wasser und geht gezielt auf das spezielle Bewegungsdefizit der Patientenein. Die Patienten erfahren vom Therapeuten, welche Übungen zum Abbau der Bewegungseinschränkung und zum Aufbau der Muskulatur wichtig sind. Das ist eine Besonderheit der Bewegungstherapie im Kurmittelhaus Sibyllenbad. Durch den Auftrieb des Wassers verliert der Körper über 90 % seines Gewichtes, d. h. man braucht längst nicht mehr so viel
Muskelarbeit zum Halten des Gleichgewichts wie bei Bewegungsübungen im Trockenen. Der Bewegungsablauf ist im Bad wesentlich leichter und ungehinderter; die Angst vor einem Sturz z. B. bei Osteoporosepatienten oder Schlaganfallpatienten lässt im Wasserbecken nach, die Bewegungsabläufe erfolgen weniger verkrampft. Umgekehrt muss gegenüber Trockenübungen neben der moderaten thermischen Belastung die Kehrseite des Auftriebs, der hydrostatische Druck, als Belastungsfaktor in Kauf genommen werden. Beim Eintauchen in das Badewasser steigt der Druck im Bauchraum, wobei es zu einer leichten Erschwernis beim Einatmen, allerdings auch zu einer Erleichterung beim anschließenden
Ausatmen kommt. Dies kann man zu einem Trainingseffekt für die Atemhilfsmuskulatur ausnützen. Die Blutverschiebung aus der Peripherie, d. h. aus den Beinen in das Niederdrucksystem des Brustkorbes, führt zu einem vergrößerten Füllungsvolumen des Herzens, das Herz schlägt langsamer.
Der gesteigerte venöse Blutfluss zum Herzen wirkt nahezu wie eine unblutige Transfusion. Um sich vor Überlastung zu schützen, wird im Vorhof des Herzens eine hormonähnliche Substanz ausgeschüttet, die die bekannte Badediurese (vermehrter Harndrang – daher vor dem Baden die Blase leeren!) auslöst. Es kommt ferner zur Verminderung der orthostatischen Kreislaufbelastung, d. h. die Anpassungsanforderungen an das Herz-Kreislaufsystem zur Regulierung der Blutdruckunterschiede nehmen ab. Wirkt der hydrostatische Druck des Wassers auf die Beinvenen wie
ein Kompressionsstrumpf, muss man seine Wirkung auf Herz und Kreislauf beim Verlassen des Bades beachten. Nunmehr erfolgt nämlich umgekehrt ein verstärkter Rückfluss des Blutes aus dem Niederdrucksystem des Brustkorbs in die Beine. Die Aufnahmefähigkeit für das einfließende Blut ist jetzt höher als beim Betreten des Wassers, da durch die Thermoregulation der Muskeltonus der Venen reduziert ist und daher die Venen mehr Blut aufnehmen können. Bei längerem Stehen besteht deshalb Kollapsgefahr, dem dadurch begegnet wird, dass nach dem Verlassen des Bewegungs-
beckens die unteren Extremitäten von der Zehenspitze zum Knie hin wiederholt mit kaltem Wasser abgeduscht werden, was den Venentonus wieder erhöht. Noch wirkungsvoller auf den venösen Rückfluss ist das wiederholte Durchschreiten der Kaltwasserlaufbahn des Heilwasserparcours im Außenbereich des Sibyllenbades (siehe nächstes Kapitel). Es wird zudem empfohlen, sich nach dem Bad hinzulegen und dabei die Füße über das Herzniveau zu lagern. Die Nachruhe ist ohnehin angezeigt, da warme Bäder eine allgemeine vegetative Tonusverschiebung bewirken, das zur Akti-
vitätsabnahme und zu einem erhöhten Ruhebedürfnis führt. Schließlich sei erwähnt, dass im Bewegungsbad bei der genannten Temperatur von 34° C bis 36° C im Körper der Patienten Endorphine freigesetzt werden. Endorphine sind Hormone, die zur Schmerzlinderung beitragen können.
Bedeutsam ist auch der Kontakt zwischen den Patienten im Bewegungsbad Gruppe. Patienten, die durch ihre Krankheit bzw. Behinderung zur Isolation neigen, erhalten hier die Möglichkeit zum sozialen Kontakt zu ähnlich Betroffenen. Ein besonderes Gewicht hat die Therapie im Bewegungsbad bei allen chronisch-degenerativen und chronisch-entzündlichen Gelenk- und Wirbelsäulenprozessen als Ergänzung zur (pas-
siven) Rn- bzw. Rn-CO2-Balneotherapie, für die Stimulation des Heilprozesses bei Zuständen nach Operationen und nach unfallbedingten Knochen- und Gelenksveränderungen, bei der Osteoporose und schließlich wiederum bei der Steigerung der Lebensqualität im Alter (Geroprophylaxe),
wobei die Stimulation der körperlichen und geistigen Beweglichkeit höchste Priorität hat.

Die Aufenthaltsdauer im Bewegungsbad sollte im Allgemeinen etwa 20 Minuten betragen. Bei erhöhtem Blutdruck oder Venenschwäche kann eine deutlich längere Dauer sinnvoll sein. Eine vorausgehende Abklärung durch den Arzt ist hierfür erforderlich.

VI. Heilwasserparcours

Der Heilwasserparcours besteht aus zwei Teilbereichen: einer 70 cm tiefen Kaltwasserlaufbahn (18° C – 20° C) mit seitlich integriertem Tauchbecken, Wassertiefe maximal 1,20 m und einer Warmwasserlaufbahn mit einer Temperatur von etwa 32° C. Beide Wasserbahnen sind mit Wasser aus der kohlensäurehaltigen Mineralheilquelle gefüllt. Der Kaltreiz des kohlensäurehaltigen Mineralwassers im Heilwasserparcours wirkt durchblutungsfördernd auf die Venen, die Kohlensäure auf die arteriellen Gefäßbahnen. Im Wechsel mit der Warmwasserlaufbahn können sowohl unter gezielter Anleitung eines Therapeuten als auch in Eigenmotivation folgende Erkrankungen behandelt werden:

  • chronische Venenschwäche und Krampfaderleiden
  • arterielle und venöse Durchblutungsstörungen, besonders bei Diabetes mellitus
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit mit und ohne eingeschränkter Gehstrecke
  • Zustand nach Gefäßoperationen (z.B. Bypassoperation, Gefäßerweiterung, Gefäßersatz)
  • Kreislaufregulationsschwäche mit niedrigem Blutdruck, besonders bei Kindern ab zehn Jahren und heranwachsenden
    Jugendlichen

VII. Verdunstungsgrotte

Die Verdunstungsgrotte ist eine exklusive Art der Erfrischung und Anregung des Wohlbefindens. Über zwei hohe halbkreisförmige Natursteinwände rieselt reiner Mineralsäuerling. Wassertropfen benetzen die Haut mit einem erfrischenden Film dieses Mineralwassers. Wohltuend für die Atemwege und den Blutkreislauf inhaliert der Badegast ein gesundheitsförderndes Naturgemisch aus Heilwasser und Sauerstoff der umgebenden Luft. Ein etwa
5-minütiges Entspannen in der Verdunstungsgrotte bringt eine sanfte Abkühlung nach einem Aufenthalt im Dampfbad oder Bewegungsbad.
Die Inhalation des verdunstenden Mineral-Heilwassers wirkt wohltuend auf die Atemwege bei:

  • chronischen Nasen-Nebenhöhlen-Erkrankungen
  • chronischer Bronchitis
  • allergischem Schnupfen
  • allergischer Bronchitis und Asthma bronchiale (im Zweifelsfall vorher den Arzt fragen)

Heilwasserparcours und Verdunstungsgrotte sind eine qualitativ hochwertige Ergänzung des kurortspezifischen Therapieangebotes im Rahmen einer ganzheitlich orientierten Kurortmedizin.

VIII. Überwärmungstherapie

Als Ergänzung zu der moderaten Überwärmung im Bewegungsbecken oder in den Wannenbädern gibt es ein Hyperthermiezentrum, das Dampfbad. Dies ist ein geschlossener Raum mit nahezu 100 % Luftfeuchtigkeit und einer Lufttemperatur von ca. 50° C. Es wird hier ein anderes Prinzip als in der Sauna ausgenutzt. Während in der Sauna eine niedrige Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um 100° C zur Aktivierung der Schweißsekretion
und Schweißverdunstung und damit zu einer Verdunstungskälte führt, bewirkt der Aufenthalt im Dampfbad mit hohem Wasserdampfgehalt, dass die Luftfeuchtigkeit auf der Körperoberfläche unter Wärmeabgabe auskondensiert. Die Kondensationswärme und die Überwärme des Dampfbades führen zu einem Wärme-stau im Körper. Dies steigert den Stoffwechsel, fördert gewisse Organfunktionen und steigert die Immunabwehr des Körpers. Nach Verlassen des Dampfbades gilt wie nach dem Verlassen des Bewegungsbades: die unteren Extremitäten mit kaltem Wasser abduschen oder die Kaltlaufbahn des Heilwasserparcours aufsuchen. Am besten schließt man eine Gesamtkörperdusche mit kaltem Wasser an.

Hinweis:
Patienten mit ausgeprägten Krampfaderleiden sowie Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz sollen die Herzkreislaufbelastung durch den Wärmestau im Dampfbad meiden.

IX. „Sibyllenbader Kur“ mit Radon und Kohlensäure als ambulante Vorsorgemaßnahme

Die Radon-Kohlensäure-Balneotherapie kombiniert mit den unterschiedlichen Therapieformen im Bewegungsbad, zusammengestellt in einem badeärztlichen Kurplan, ist die „Sibyllenbader Kur“. Früher als „ambulante Badekur“ bezeichnet, ist sie jetzt eine ambulante Vorsorgemaßnahme bei drohender oder bestehender Erkrankung zu Lasten der Krankenkassen. Eine solche Kur hat mit Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit primär nichts zu tun und ist somit auch für Rentner gedacht. Ergänzt werden diese Anwendungen je nach Bedarf durch Krankengymnastik einzeln oder mit Laufband bzw. Geräte gestützt, Natur- bzw. Paraffinfangopackungen, Massagen unterschiedlicher Gestaltung, medizinischen Lymphdrainagen, Elektrotherapie, Inhalation und dem Heilwasserparcours. Die Kurdauer beträt im Allgemeinen drei Wochen. Eine kürzere Dauer (etwa für zwei Wochen) ist möglich, eine Kurverlängerung muss während einer Kur durch die Krankenkasse genehmigt werden. Eine Kur (ambulante Vorsorgemaßnahme, s. o.) erlangt man durch Antrag des Haus- oder Facharztes (Orthopäde, Rheumato-loge bzw. Internist) oder durch direktes Vorsprechen bei der zuständigen Krankenkasse. Diese entscheidet gegebenenfalls nach Rücksprache beim medizinischen Dienst der Krankenkassen über die Genehmigung der Kur. Bei Zustimmung händigt die Krankenkasse Kurarztschein, Kurmittelschecks bzw. Bewilligungsschreiben und
ggf. die Zusage über derzeit bis zu 13 Euro pro Tag aus. Im Kurmittelhaus erhält der Patient einen Termin beim Badearzt und von diesem das Rezept für die Kuranwendungen. Die Terminierung im Haus erstellt sodann seinen Zeitplan. Die Kosten der Radon-, Kohlensäure- und Radon-Kohlensäure-Kombinations-Bäder werden dabei – bis auf den Eigenanteil – voll von der Kranken-kasse übernommen wie auch die der Naturfangopackungen. Eine
solche ambulante Vorsorgemaßnahme wird in der Regel nur alle drei Jahre gewährt. Verzichtet der Patient auf die Zuzahlung von derzeit 13 Euro pro Tag, gewähren die Kassen unter Umständen auch vor Ablauf der drei Jahre eine Kurwiederholung.

Die Indikationen für eine Sibyllenbader Kur sind in den vorangehenden Kapiteln II. bis V. ausführlich beschrieben. Sie sollen hier noch einmal kurz zusammengefasst werden:

1. Arthrosen mit oder ohne Gelenkersatz (TEP) (Hüft-, Knie-, Finger-, Sprunggelenkarthrosen etc.)
2. nicht entzündliche Rheumaerkrankung der Wirbelsäule (Wirbelgleiten, BS-Schäden mit oder ohne Operation, Skoliose, etc.)
3. chronisch entzündliches Gelenkrheuma (chronische Polyarthritis oder Rheumatoidarthritis)
4. chronisch entzündliche WS-Erkrankung (Morbus Bechterew)
5. Osteoporose
6. Weichteilrheumatismus (Polymyalgia rheumatica)
7. Fibromyalgie)
9. Nervenerkrankungen
(diabetische Polyneuropathie, Neuroborreliose, Zosterneural-
gie, Trigeminusneuralgie, Phantomschmerz)
10. Multiple Sklerose

Diese Indikationen sind insbesondere dann für eine Sibyllenbader Kur prädestiniert, wenn sie mit folgenden Erkrankungen kombiniert sind:

  • Hypertonie
  • Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße (Zustand nach Herzinfarkt, Bypass, Gefäßerweiterung mit und ohne Stent)
  • Durchblutungsstörung der Beine und Hände (periphere arterielle Verschlusskrankheit mit schmerzhaft eingeschränkter Gehstrecke, Raynoldsyndrom, chronische Venen-insuffizienz)
  • Durchblutungsstörung des Gehirns (Zustand nach Hirnschlag, Gefäßverengung der Kopfschlagadern)
  • Herzrhythmusstörung mit und ohne Schrittmacher
  • leichte bis mittlere Herzleistungsschwäche
  • Erschöpfungssyndrom nach körperlicher und psychischer
  • Überlastung und nach Unfall oder Operation
  • chronische und allergische Erkrankung der Atemwege
  • Psoriasis

 

Eine ambulante Vorsorgemaßnahme wird badeärztlich begleitet. In der Regel stellt sich der Kurpatient zum Anfangs-, Zwischen-und Abschlusstermin beim Badearzt vor.

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